Lesungen
Wer hat schon Angst vor dem bösen Wolf?
Anke Faust liest für die 5-er Klassen an der Gemeinschaftsschule Türkismühle
Wolf, schrecklich hungrig, überredet das unbedarftes Provinzschaf zu einem Ausflug, um es heimlich und ohne Zeugen zu verspeisen. Im Haus hat er nämlich nichts mehr als eine Flasche Wein. Immerhin, er plant die Sache "mit Stil anzugehen". Wolf, mit mondäner Jacke, schicker Mütze, goldener Rolex und Elfenbeinkamm, verspricht dem Schaf, naiv, eine nächtliche Reise ins elegante "Erfahrungen", und Schaf ist voll begeistert. Das Winter-Road-Movie entwickelt sich zu einer unerwartet charmanten Beziehungsgeschichte, in deren Verlauf Schaf Wolf sogar vorm Ersaufen im Eiswasser rettet. Auch Wolf findet Schaf einfach "famos", wäre da nur nicht sein unsäglich knurrender Magen. Er löst den inneren Konflikt, indem er das ahnungslose Schaf unter einem Vorwand fortschickt.
Anke Faust spielt geschickt mit den Erwartungen der Kinder an die beiden Hauptfiguren, überrascht sie mit verblüffenden Wendungen und lässt den „bösen“ Wolf und das „dumme“ Schaf aus ihren angestammten Rollen fallen. Anrührend und packend erzählt sie mit flotten, frechen, schrägen Dialogen, bei denen Gesagtes und Gemeintes ziemlich wenig zusammen passen. Wie ihre Bücher entstehen, vom ersten Text und den anfänglichen Schwarz-Weiß-Zeichnungen über Papierschnipsel-Collagen mit vielen witzigen Details wie dem gestrickten Fell des Schafs erklärt Faust den Kindern haarklein.
Anke Faust spielt geschickt mit den Erwartungen der Kinder an die beiden Hauptfiguren, überrascht sie mit verblüffenden Wendungen und lässt den „bösen“ Wolf und das „dumme“ Schaf aus ihren angestammten Rollen fallen. Anrührend und packend erzählt sie mit flotten, frechen, schrägen Dialogen, bei denen Gesagtes und Gemeintes ziemlich wenig zusammen passen. Wie ihre Bücher entstehen, vom ersten Text und den anfänglichen Schwarz-Weiß-Zeichnungen über Papierschnipsel-Collagen mit vielen witzigen Details wie dem gestrickten Fell des Schafs erklärt Faust den Kindern haarklein.
Anke Faust studierte Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt Illustration an der FH Mainz und arbeitet seit 1996 freiberuflich als Illustratorin, Autorin und Grafikerin für Verlage und Unternehmen. Für ihre Arbeit erhielt sie viele Auszeichnungen, u.a. den Deutschen Jugendliteraturpreis. Neben der Arbeit am Zeichentisch ist sie immer wieder mit ihren Büchern und Bildern im In- und Ausland unterwegs und veranstaltet Lesungen und Werkstätten für Kinder rund um ihre Bücher.
Lesungen der Gemeinschaftsschule Türkismühle werden unterstützt vom Friedrich-Bödecker-Kreis und dem Förderverein der Schule.
„Schnurzpiepegal“
Live Musik mit bewegten Bildern aus dem Koffer an der Gemeinschaftsschule Türkismühle
„Schnurzpiepegal“ ist ein mitreißendes, musikalisches Lesetheater für Kinder. Barbara Steinitz, Autorin, Illustratorin und begeisterte Bastlerin, bringt die beiden Hauptfiguren, Leonora und Joschka, sogar persönlich mit: Als bunte, von ihr gemalte Papiertheaterfiguren treten die beiden im Koffertheater auf und erzählen ihre Geschichte.
Die Story ist ebenso einfach wie poetisch: Geht man durch die Straßen und Parks einer Stadt, fällt einem auf, dass alle Hunde anscheinend ähnlich wie ihre Herrchen und Frauchen aussehen. Aber es gibt Ausnahmen. Leonora liebt Opern (!) über alles und lebt mit ihrem Hund Fidelio (ihre Lieblingsoper!) zufrieden zusammen. Doch auf der Straße rümpfen die Leute die Nase über das „unmögliche“ Paar. Aber das ist beiden egal. Na, fast egal…“schnurzpiepegal“ eben. Zwei Straßen weiter wohnt Joschka (Schokoladenliebhaber!) mit seiner Hündin Pistazia (Pistazienmurmeln, seine Lieblingspraline!). Auch die beiden sind zusammen glücklich. So beginnt die zarte Liebesgeschichte, in der es um Außenseitertum, Einsamkeit und Selbstakzeptanz geht. Gittarist Björn Kollin begleitet Barbara Steinitz mit eigenen Kompositionen auf den unterschiedlichsten Musikinstrumenten.
Unterstützt werden die Lesungen vom landesweit tätigen „Friedrich-Bödecker-Kreis“ und dem Förderverein der Schule.
„Echt abgefahren“ -
Hans Jürgen Feldhaus
zur Lesung in der Gemeinschaftsschule Türkismühle
„Italien ist saudoof! Und damit ist eigentlich schon alles gesagt, was man über dieses Land sagen kann.“ Soweit der 12-jährige Jan Hensen, der von seinen Eltern zu einer Italienreise „gezwungen“ wird. Denn eigentlich hat sich der zwölfjährige Jan zum Geburtstag ein I-Pad gewünscht, um damit Spiele zu spielen und die Schule mit ihren unerträglichen Matheaufgaben wenigstens in den Ferien zu vergessen. Aber „Pustekuchen! Supergau!“ Mal wieder die „Leck-mich-am-Arsch-Taste“ gedrückt! Ferien mit der „14-Jahre-doof-Schwester“ am Comer See und dann trifft man auch noch den „gestörten“ und verhassten Klassenkameraden Hendrik Lehmann.
Hans-Jürgen Feldhaus (*1966) ist als Illustrator in der Kinder- und Jugendbuchszene schon seit über 25 Jahren aktiv und stellt den Sechserklassen seinen Comicroman «Echt abgefahren!» vor. Damit startet er seit 2012 als Kinderbuchautor erfolgreich durch.
Als Autor und Illustrator seiner Romane bringt er während der Lesung mit schrägem Humor und Dialogwitz die Dinge natürlich auch skizzenhaft zu Papier, zeichnet aus der Hand die Hauptfiguren und zeigt per Beamer parallel zu den ausgewählten Textstellen die Buchillustrationen.
Unterstützt werden die Lesungen vom landesweit tätigen „Friedrich-Bödecker-Kreis“ und dem Förderverein der Schule.
Bilder zum Hörspielworkshop mit Herrn Erhard Schmied vom 29.3.2022 und der Klasse 5d
Autorenlesung mit Malworkshop vom 28.3.2022 mit Frau Catrin Raber und den Klassen 5b und 11a
"Sarah, zieh deine Unterhose jetzt an!“
Gedichte, Gedichte, Gedichte…
Arne Rautenberg in der Gemeinschaftsschule Türkismühle
Witzig und informativ führt der Lyriker Arne Rautenberg die Schüler der 6 d in die Welt seiner Gedichte ein. Denn Gedichte können Spaß machen! Aber nur mit Arne. Sie können sich reimen oder auch nicht, sie können zum Lachen reizen, zum Nachdenken anregen, zum Weinen bringen. Natürlich darf hier mitgemacht werden! Stets geht es Rautenberg darum, Ungewohntes in der Sprache zu entdecken, sich und andere überraschen zu lassen und ins Staunen zu geraten.
Arne Rautenberg ist 1967 in Kiel geboren. Seit dem Studium der Kunstgeschichte, Neueren Deutschen Literaturwissenschaft und Volkskunde an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel lebt er als freier Schriftsteller und Künstler in seiner Geburtsstadt.
Sein literarisches Lieblingsbetätigungsfeld ist die Lyrik. Gedichte sind in mehreren Einzeltiteln sowie zahlreichen Anthologien (Reclams Buch der deutschen Gedichte, Jahrbuch der Lyrik), Zeitungen und Zeitschriften (FAZ, DIE ZEIT, Akzente) erschienen. Zudem sind viele seiner Gedichte in Schulbücher aufgenommen worden.
Im Dialog mit den Schülern der 6d gibt er sich humorvoll und offen, treibt seine jungen Zuhörer von einer spannenden Alltagsstory zur nächsten:
„Wie vergeht mein normaler Arbeitstag?“ Mein Arbeitsgerät ist der Laptop, mein mobiles Büro. Aber zwischendurch notiere ich auch mit der Hand in meinen Notizblock Gedanken, die mir einfallen. Nachmittags bin ich Papa und übernehme auch Haushaltspflichten . Fußball ist total wichtig, ich schaue alle Spiele der EM. Und wenn abends alle im Bett sind, fliegen mir die guten Gedichte nur so zu.
„Wie kommt Cash in meine Kasse?“ Von 50 Gedichten suche ich die besten aus, schicke sie an einen Verlag. Der engagiert einen Künstler, zum Beispiel meinen Freund Jens Rassmus, der zu jedem Gedicht eine passende Zeichnung liefert. Dann bekomme ich von jedem Buch, das verkauft wird, einen Euro.
„Wo kriege ich meine Reime her?“ Wenn mir gar nichts einfällt, schlage ich im Reimlexikon nach und finde dort so Sachen wie „ …unterm Bett liegt ein Skelett…“
„Wie komme ich auf meine Themen?“ Ein Junge aus der Vierten erzählt mir einen schlimmen Traum und ich mach sofort ein Gedicht draus wie „Zombies in Kombis" oder ich schreibe einfach auf, was eine Mutter ständig herbetet, die sich mit ihren drei Gören am menschenleeren Kieler Strand ausgerechnet neben mir niedergelassen hat: „Sarah, zieh deine Unterhose jetzt an!“
Die Lesungsreihe der Gemeinschaftsschule Türkismühle wird unterstützt vom Förderverein der Schule und dem landesweit tätigen Friedrich-Boedecker-Kreis.
Fake News, Cybermobbing, Hate speech“
Der Autor Manfred Theisen in der Gemeinschaftsschule Türkismühle
Wir alle tun es. Wir nutzen Google und WhatsApp, sind medial auf Plattformen wie YouTube, Facebook oder Instagram unterwegs. Wir tun es intuitiv - einfach so, ohne uns groß Gedanken zu machen. Dabei könnten wir uns viele Dinge im Netz und mit dem Handy einfacher und sicherer machen. Mit seinen Büchern hilft Manfred Theisen seinen Lesern, Fallstricke zu vermeiden.
Schon seine Biographie zeigt einiges Ungewohnte: Er studiert zuerst Germanistik, Anglistik und Politik, forscht dann zwei Jahre für das Innenministerium in der Sowjetunion und leitet später eine Zeitungsredaktion. Seine Bücher sind durch die Bank spannend, greifen Aktuelles auf, sind vielfach ausgezeichnet, stehen auf Auswahllisten der Rundfunkanstalten und sind in mehrere Sprachen übersetzt. Theisen ist Vater von vier Töchtern und lebt heute mit seiner Familie in Köln.
Im Dialog mit den diskussionsfreudigen Schüler*innen der 11 a und b gibt er sich kritisch und polemisch, aber doch offen, hält nie mit seiner Meinung zurück , aber immer glättet sein kölscher Humor scheinbar unüberbrückbare Gegensätze. In der Türkismühler Schülerbibliothek stellt Theisen Auszüge seines neuesten Thrillers "Uncover: die Trollfabrik" vor. Aktueller kann er mit dieser Thematik kaum sein: Der Plot beschäftigt sich mit Fake News, "alternativen Fakten" und Lügenpresse ... Auf seinem YouTube-Kanal Uncover deckt der 17-jährige Phoenix Fake News auf. Dabei wird er in den Fall "Alexander" verwickelt. Der 6-Jährige verschwindet nach einer Geburtstagsfeier spurlos. Kurz darauf geht ein Video viral, das einen syrischen Flüchtling beschuldigt. Phoenix entlarvt das Video als Fake und wird mit einem riesigen Shitstorm konfrontiert. Als er der Spur zu einer russischen Trollfabrik nach Estland folgt, ist aber nicht nur sein Online-Ruf in Gefahr, sondern Killer sind hinter ihm her, Kriminelle, die in einer Trollfabrik arbeiten, wo gegen Geld Lügen und Hass auf dem Netz verbreitet werden …
Die Lesung wurde unterstützt vom Förderverein der Schule und dem landesweit tätigen Friedrich-Boedecker-Kreis.
Vorlesefriday“ an der Gemeinschaftsschule Türkismühle
Es gibt nichts zu kaufen. Es ist nicht Black Friday! Es gibt etwas geschenkt: Schüler schenken Schülern Geschichten!
Denn seit 2004 findet der Deutsche Vorlesetag jedes Jahr am dritten Freitag im November statt.
Die Stiftung Lesen, DIE ZEIT und die Deutsche Bahn Stiftung haben diesen Aktionstag gemeinsam ins Leben gerufen. Ziel ist es, Kinder bereits früh für das Lesen zu begeistern.
So einfach geht es: Jeder, der Spaß am Vorlesen hat, schnappt sich eine Geschichte und liest anderen etwas vor. Denken sich die Gewinner des letzten Vorlesewettbewerbs an der Gemeinschaftsschule Türkismühle auch und wollen den Kindern der ersten und vierten Klasse an der Grundschule Gonnesweiler Geschichten spendieren. Moment mal: Macht uns da Corona am Ende einen Strich durch die Rechnung? Keinesfalls! Die Lesestunde wird digital organisiert, die beiden Türkismühler Vorleser sitzen vor Rechner und Mikrofon, und die Gonnesweiler Grundschüler freuen sich über die Geschichten, die sie in ihrem eigenen Klassenraum live am Bildschirm mithören und -sehen können.
Lukas Müller, 7b, liest Spannendes aus dem „Räuber Hotzenplotz“, Lea Szola, 7e, stellt ihr Lieblingsbuch, die „Insel der 1000 Gefahren“ vor.
Zeitzeuge des nationalsozialistischen Terrors, Georges Shefi in der Gesamtschule Türkismühle
„Ich verlange nicht von euch, Verantwortung zu übernehmen für etwas, was vor 70 Jahren passiert ist. Aber ihr sollt etwas aus der Vergangenheit lernen!“, begrüßt Shefi das mit zwei Geschichtskursen der Klasse 11 vollbesetzte Auditorium in Türkismühle.
Shefi, 1931 geboren, verbrachte seine frühen Jahre als Kind einer gut situierten Berliner Familie, in der er behütet und umsorgt aufwuchs. „Meine Familie fühlte sich 100 % deutsch, mein Großvater hatte im 1. Weltkrieg für den Kaiser gedient.“ Erstmals am 10. November 1938, dem Tag der Reichspogromnacht, ist der damals Siebenjährige dem Terror der Nationalsozialisten ausgesetzt.
Da seine Schule direkt an eine Synagoge angebaut ist, wird sie in dieser Nacht mit angezündet. Sie brennt bis auf die Grundmauern nieder. „Den Anblick meiner verbrannten Schule kann ich nie vergessen. Ebenso die Schmierereien wie „jüdische Sau...“ vor dem Schreibwarenladen eines deutsch- jüdischen Ehepaares in meiner Straße, die diese vergeblich versuchen zu entfernen, umringt von einer johlenden, schadenfrohen Horde…“
Um ihn vor weiteren Nachstellungen der Staatsmacht zu schützen, gibt ihn seine Mutter, die Ehe der Eltern war früh geschieden, in die Kindertransporte, die seitens der englischen Regierung vor dem Hintergrund der Appeasement-Politik in die Wege geleitet werden. Die von den jüdischen Gemeinden in Deutschland finanziell gesicherten Transporte ermöglichen es deutschen Kindern jüdischer Abstammung bis zum Alter von 17 Jahren, Deutschland zu verlassen und nach England auszureisen, um dort in englische Familien aufgenommen zu werden. Zwei Wochen nach der Kristallnacht fährt der erste Zug aus Berlin. Seine Mutter entscheidet sich dafür, dass George am 26. Juli mitmuss. Obwohl es ihr wohl das Herz zerreißt, schildert sie dem kleinen Siebenjährigen die Fahrt als bevorstehendes Abenteuer, er solle unbedingt alle seine Spielsachen mitnehmen. Am Gleis sieht er seine Mutter zum letzten Mal in seinem Leben.
Die Fahrt selbst bekommt er kaum mit. Zum Glück wird er von Verwandten abgeholt. Vielen ergeht es nicht so: Die kleineren hübschen Kinder werden gleich aufgenommen, die mit einer „krummen Nase“ kommen als billige Arbeitskraft in irgendwelche Haushalte. „Viele Kinder fühlten sich damals ohne ihre Familien und völlig ohne Englischkenntnisse wie auf dem Mond.“ Erst war er bei einer christlichen, dann bei einer jüdischen , sehr religiösen Familie einquartiert und wurde halbwegs gut behandelt. Im Frühjahr 1945 , mit dreizehn Jahren, erhält er Bescheid, innerhalb von 24 Stunden mit einem Kriegsschiff in die USA übersetzen zu können. Kanadische Soldaten, die in ihre Heimat zurückfahren, adoptieren ihn regelrecht. Er erhält einen Schuhkarton mit Schokolade, Zigaretten und 40 Dollar, damals sehr viel Geld. Der Transport wird von deutschen U-Booten angegriffen. Die „Action“ gefällt ihm. Seinen Onkel, einen Bruder der Mutter, der ihn in New York abholen soll, kennt er nicht mal. Die später vorgeschlagene Adoption durch den Onkel lehnt er ab. Warum, weiß er bis heute nicht.
Erst nach neun Jahren kann er in Israel Kontakt zu seinem Vater über seinen ursprünglichen Namen „Spiegelglas“ aufnehmen. Dokumente über seine Mutter fand er in Ausschwitz und im Bundesarchiv in Koblenz. Wegen fehlender weiterer Transportnummern schließt er, dass alle seine Verwandten keine sechs Stunden in Ausschwitz überlebten.
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Begleitet wurde George Shefi von seiner Frau, Tochter und Enkelsohn. Die Veranstaltung fand statt in der Schülerbibliothek der Gesamtschule Türkismühle statt, unterstützt durch das Adolf-Bender-Zentrum St. Wendel und der Landeszentrale für politische Bildung.
Shefi, 1931 geboren, verbrachte seine frühen Jahre als Kind einer gut situierten Berliner Familie, in der er behütet und umsorgt aufwuchs. „Meine Familie fühlte sich 100 % deutsch, mein Großvater hatte im 1. Weltkrieg für den Kaiser gedient.“ Erstmals am 10. November 1938, dem Tag der Reichspogromnacht, ist der damals Siebenjährige dem Terror der Nationalsozialisten ausgesetzt.
Da seine Schule direkt an eine Synagoge angebaut ist, wird sie in dieser Nacht mit angezündet. Sie brennt bis auf die Grundmauern nieder. „Den Anblick meiner verbrannten Schule kann ich nie vergessen. Ebenso die Schmierereien wie „jüdische Sau...“ vor dem Schreibwarenladen eines deutsch- jüdischen Ehepaares in meiner Straße, die diese vergeblich versuchen zu entfernen, umringt von einer johlenden, schadenfrohen Horde…“
Um ihn vor weiteren Nachstellungen der Staatsmacht zu schützen, gibt ihn seine Mutter, die Ehe der Eltern war früh geschieden, in die Kindertransporte, die seitens der englischen Regierung vor dem Hintergrund der Appeasement-Politik in die Wege geleitet werden. Die von den jüdischen Gemeinden in Deutschland finanziell gesicherten Transporte ermöglichen es deutschen Kindern jüdischer Abstammung bis zum Alter von 17 Jahren, Deutschland zu verlassen und nach England auszureisen, um dort in englische Familien aufgenommen zu werden. Zwei Wochen nach der Kristallnacht fährt der erste Zug aus Berlin. Seine Mutter entscheidet sich dafür, dass George am 26. Juli mitmuss. Obwohl es ihr wohl das Herz zerreißt, schildert sie dem kleinen Siebenjährigen die Fahrt als bevorstehendes Abenteuer, er solle unbedingt alle seine Spielsachen mitnehmen. Am Gleis sieht er seine Mutter zum letzten Mal in seinem Leben.
Die Fahrt selbst bekommt er kaum mit. Zum Glück wird er von Verwandten abgeholt. Vielen ergeht es nicht so: Die kleineren hübschen Kinder werden gleich aufgenommen, die mit einer „krummen Nase“ kommen als billige Arbeitskraft in irgendwelche Haushalte. „Viele Kinder fühlten sich damals ohne ihre Familien und völlig ohne Englischkenntnisse wie auf dem Mond.“ Erst war er bei einer christlichen, dann bei einer jüdischen , sehr religiösen Familie einquartiert und wurde halbwegs gut behandelt. Im Frühjahr 1945 , mit dreizehn Jahren, erhält er Bescheid, innerhalb von 24 Stunden mit einem Kriegsschiff in die USA übersetzen zu können. Kanadische Soldaten, die in ihre Heimat zurückfahren, adoptieren ihn regelrecht. Er erhält einen Schuhkarton mit Schokolade, Zigaretten und 40 Dollar, damals sehr viel Geld. Der Transport wird von deutschen U-Booten angegriffen. Die „Action“ gefällt ihm. Seinen Onkel, einen Bruder der Mutter, der ihn in New York abholen soll, kennt er nicht mal. Die später vorgeschlagene Adoption durch den Onkel lehnt er ab. Warum, weiß er bis heute nicht.
Erst nach neun Jahren kann er in Israel Kontakt zu seinem Vater über seinen ursprünglichen Namen „Spiegelglas“ aufnehmen. Dokumente über seine Mutter fand er in Ausschwitz und im Bundesarchiv in Koblenz. Wegen fehlender weiterer Transportnummern schließt er, dass alle seine Verwandten keine sechs Stunden in Ausschwitz überlebten.
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Begleitet wurde George Shefi von seiner Frau, Tochter und Enkelsohn. Die Veranstaltung fand statt in der Schülerbibliothek der Gesamtschule Türkismühle statt, unterstützt durch das Adolf-Bender-Zentrum St. Wendel und der Landeszentrale für politische Bildung.
Drachengift und Flächenbrand
Der Fantasy-Autor Markus Heitz in der Gesamtschule Türkismühle.
Im Oktober 1971 geboren, macht er vieles, was man Waage-Geborenen nachsagt. Obwohl er schon früh die ausgefallene Vorstellung hatte, eines Tages Schriftsteller zu werden, studierte er zuerst auf Lehramt, arbeitete dann als freier Journalist.
Seit gut zehn Jahren liegt sein Focus komplett auf dem Autorendasein. Aktuell sind von ihm über vierzig Romane im Bereich Phantastik, Horror und Space Fiction erschienen, zusammen mit einer Auflage von unglaublichen vier Millionen Einzelexemplaren.
Alles fing an mit ersten Kurzgeschichten des vierzehnjährigen Markus, erzählt Heitz den Schülern. Am Anfang sei Lesen für ihn gut und genug gewesen. Dann habe er festgestellt, Schreiben sei noch besser. Aber als Beruf? Schon in der Oberstufe sei ihm klar geworden: Schriftsteller sind ja vollkommen abhängig vom Geschmack der Leute, der Leser. Also doch nicht. Also Bestatter werden. Gestorben werde immer, ein Beruf mit „nachwachsendem Rohstoff“, witzelt er. Trotzdem machte er erst mal seinen Uniabschluss, um dann als Lokalredakteur der Saarbrücker Zeitung in Homburg zu arbeiten. Die anfänglich nebenbei von ihm geschriebenen Bücher verkauften sich zwar ganz gut, er konnte davon aber keineswegs leben, denn ein Autor verdient höchstens 5% des Verkaufspreises. Der erste Erfolg stellte sich dann 2003 ein, als er aus Nebenfiguren der klassischen Fantasyliteratur, aus Zwergen, Hauptfiguren entwickelte.
Zu Beginn stellt Heitz sein Werk „Aera“ vor, ein für ihn beim Schreiben und Entwickeln sehr spannendes Projekt. Als Grundidee und Ausgangspunkt habe er sich folgendes ausgedacht: Was wäre im Jahr 2012, dem Weltende nach dem Majakalender, das einschneidendste Ereignis für uns hier in Europa? Wenn alle Gottheiten auf einen Schlag zurückkämen, die es auf dieser Welt je gab! Was würde da bei uns passieren? Die Story sei als Krimi angelegt und der Ermittler Atheist, was die Sache besonders interessant mache.
Wie Heitz denn ans Bücherschreiben rangehe, wollen die Schüler wissen: Zwei Bücher pro Jahr produziere er schon, sein kleines schwarzes Notizbuch habe er immer bei sich, um Ideen festzuhalten. Am besten mit Bleistiften, die würden nämlich bei jedem Klima und Wetter schreiben. Nach dem Finden der Grundidee entwickele er den Plot auf ca. 6-7 Seiten, das sei der Schreib-Fahrplan, auf dem der Ablauf inclusive Ende schon festgehalten sei. Er arbeite so etwa 80 Stunden pro Woche und schreibe daher nur vier Monate an einem Buch.
Die Idee zu der von ihm erfundenen Wüstenstadt „Wedora“, einem Fantasyroman mit Horrorelementen, habe er 20 Jahre mit sich herumgetragen. Die Stadt, deren Anlage und Form der alten Festung Saarlouis ähnele, sei unabhängig, reich an Wasser, und das mitten in einem völlig ausgetrockneten Gebiet.
Im Oktober 1971 geboren, macht er vieles, was man Waage-Geborenen nachsagt. Obwohl er schon früh die ausgefallene Vorstellung hatte, eines Tages Schriftsteller zu werden, studierte er zuerst auf Lehramt, arbeitete dann als freier Journalist.
Seit gut zehn Jahren liegt sein Focus komplett auf dem Autorendasein. Aktuell sind von ihm über vierzig Romane im Bereich Phantastik, Horror und Space Fiction erschienen, zusammen mit einer Auflage von unglaublichen vier Millionen Einzelexemplaren.
Alles fing an mit ersten Kurzgeschichten des vierzehnjährigen Markus, erzählt Heitz den Schülern. Am Anfang sei Lesen für ihn gut und genug gewesen. Dann habe er festgestellt, Schreiben sei noch besser. Aber als Beruf? Schon in der Oberstufe sei ihm klar geworden: Schriftsteller sind ja vollkommen abhängig vom Geschmack der Leute, der Leser. Also doch nicht. Also Bestatter werden. Gestorben werde immer, ein Beruf mit „nachwachsendem Rohstoff“, witzelt er. Trotzdem machte er erst mal seinen Uniabschluss, um dann als Lokalredakteur der Saarbrücker Zeitung in Homburg zu arbeiten. Die anfänglich nebenbei von ihm geschriebenen Bücher verkauften sich zwar ganz gut, er konnte davon aber keineswegs leben, denn ein Autor verdient höchstens 5% des Verkaufspreises. Der erste Erfolg stellte sich dann 2003 ein, als er aus Nebenfiguren der klassischen Fantasyliteratur, aus Zwergen, Hauptfiguren entwickelte.
Zu Beginn stellt Heitz sein Werk „Aera“ vor, ein für ihn beim Schreiben und Entwickeln sehr spannendes Projekt. Als Grundidee und Ausgangspunkt habe er sich folgendes ausgedacht: Was wäre im Jahr 2012, dem Weltende nach dem Majakalender, das einschneidendste Ereignis für uns hier in Europa? Wenn alle Gottheiten auf einen Schlag zurückkämen, die es auf dieser Welt je gab! Was würde da bei uns passieren? Die Story sei als Krimi angelegt und der Ermittler Atheist, was die Sache besonders interessant mache.
Wie Heitz denn ans Bücherschreiben rangehe, wollen die Schüler wissen: Zwei Bücher pro Jahr produziere er schon, sein kleines schwarzes Notizbuch habe er immer bei sich, um Ideen festzuhalten. Am besten mit Bleistiften, die würden nämlich bei jedem Klima und Wetter schreiben. Nach dem Finden der Grundidee entwickele er den Plot auf ca. 6-7 Seiten, das sei der Schreib-Fahrplan, auf dem der Ablauf inclusive Ende schon festgehalten sei. Er arbeite so etwa 80 Stunden pro Woche und schreibe daher nur vier Monate an einem Buch.
Die Idee zu der von ihm erfundenen Wüstenstadt „Wedora“, einem Fantasyroman mit Horrorelementen, habe er 20 Jahre mit sich herumgetragen. Die Stadt, deren Anlage und Form der alten Festung Saarlouis ähnele, sei unabhängig, reich an Wasser, und das mitten in einem völlig ausgetrockneten Gebiet.
Im offenen, spannenden und trotzdem tiefgründigen Gespräch gelingt es Markus Heitz in Türkismühle, Schülern des zehnten Schuljahres Spaß und Begeisterung an seiner Arbeit zu vermitteln.
Der kleine Albert Schweitzer
Eine Religionsstunde mit Unterstützung aus der hohen Politik – Heike Kugler, MdL
Heike Kugler, ehemalige Pädagogin und Mitglied des Landtages in der Fraktion „Die Linke“, suchte im Rahmen des „Vorlesetages“ das Gespräch mit Schüler/innen eines Religionskurses der Klasse 5c der Gesamtschule Türkismühle.
Die Lesung beschreibt Albert Schweitzers Jugend in Günzbach im Elsaß im späten 19. Jahrhundert . Die Kinder lassen sich von Heike Kugler in eine lange zurückliegende Zeit ohne Handy, ohne Internet, ohne Ablenkungen versetzen. Man hört Geschichten eines einfachen Lebens: die Versuche der Magd, widerspenstige Haare zu kämmen, kindliche-lustige Erlebnisse wie den Versuch Alberts, eine Biene zu streicheln. Heutige Pädagogen würden ihm wohl als empathischen Jungen beschreiben, denn schon als Kind bekommt er ein schlechtes Gewissen, wenn er den Erwachsenen durch seine Streiche Probleme bereitet. So geht es ihm auch mit Tieren: Albert soll auf den Hund Phylax aufpassen, der dem Briefträger das Hosenbein zerfetzt. Daraufhin schlägt er ihn mit einer Gerte und kommt sich zuerst als großartiger Tierbändiger vor. Aber kaum jault Phylax, tut es Albert auch schon wieder leid, dass er dem Hund weh getan hat.
Heike Kugler, ehemalige Pädagogin und Mitglied des Landtages in der Fraktion „Die Linke“, suchte im Rahmen des „Vorlesetages“ das Gespräch mit Schüler/innen eines Religionskurses der Klasse 5c der Gesamtschule Türkismühle.
Die Lesung beschreibt Albert Schweitzers Jugend in Günzbach im Elsaß im späten 19. Jahrhundert . Die Kinder lassen sich von Heike Kugler in eine lange zurückliegende Zeit ohne Handy, ohne Internet, ohne Ablenkungen versetzen. Man hört Geschichten eines einfachen Lebens: die Versuche der Magd, widerspenstige Haare zu kämmen, kindliche-lustige Erlebnisse wie den Versuch Alberts, eine Biene zu streicheln. Heutige Pädagogen würden ihm wohl als empathischen Jungen beschreiben, denn schon als Kind bekommt er ein schlechtes Gewissen, wenn er den Erwachsenen durch seine Streiche Probleme bereitet. So geht es ihm auch mit Tieren: Albert soll auf den Hund Phylax aufpassen, der dem Briefträger das Hosenbein zerfetzt. Daraufhin schlägt er ihn mit einer Gerte und kommt sich zuerst als großartiger Tierbändiger vor. Aber kaum jault Phylax, tut es Albert auch schon wieder leid, dass er dem Hund weh getan hat.
Orgel spielen ist seine Lieblingsbeschäftigung, Lesen und Schreiben lernt er allerdings nur mit Mühe und muss ständig ermahnt werden. Das Interessanteste an der ganzen Schule ist für ihn der Schulweg. Seine Klassenkameraden machen ihm zum Vorwurf, dass er ein „Herrenbüble“ sei, der mit fetter Fleischsuppe, die es im Pfarrhaus gibt, verwöhnt werde. Durch diesen heftigen Vorwurf wird sich Albert erst seiner Privilegien in der Pastorenfamilie richtig bewusst. Später weigert er sich sogar, zuhause warme Winterkleidung anzuziehen, denn so was Kostbares konnten sich die Bauernbuben in Günzbach eben nicht leisten. Bei Besuchen mit seiner Mutter kommt er über Bilder in Museen in Berührung mit Krankheiten, die es in Afrika gibt wie Malaria und Aussatz, was ihn bedrückt und seinen Wunsch befördert, nicht nur wie sein Vater Theologie studieren, sondern später einmal als Arzt Kranken zu helfen.
So gelingt es Heike Kugler, ihren jungen Zuhörern die von Albert Schweitzer schon als Kind gelebte Ehrfurcht vor allem Lebendigen, ob Mensch, Tier oder Pflanze mit altersgerechten Anekdoten nahezubringen. Dass der kleine Albert es schon als Kind nicht in Ordnung fand, nur für Menschen zu beten, macht ihn eben für alle Fünftklässler sympathisch.
Der Lyriker Jose F. A. Oliver in der Gesamtschule Türkismühle
„Es gibt keine endgültige Version eines Gedichtes…“ (Octavio Paz)
„So wie manche Sport oder Musik machen, musste und muss ich schreiben, schon als Jugendlicher“, bekennt J. Oliver vor Schüler/innen der 11. Jahrgangsstufe. In Deutschland aufgewachsen, mit spanischen Wurzeln, in Hausach im Schwarzwald zur Schule gegangen, ist Literatur für ihn Lebenselixier. „Der Schwarzwald ist mein grünes Meer“, formuliert er poetisch. Als er 14 oder 15 ist und manchmal nicht weiß, ob er jetzt Spanier oder Deutscher sei, werden Papier und Stift für ihn Komplizen, die ihm bei seiner Identifikation helfen: ein schwieriger Prozess, bis er sich endgültig entscheidet, Schriftsteller zu werden. Die Eltern sahen das damals natürlich skeptisch, weil sie sich nicht vorstellen konnten, wie ihr Sohn jemals eigenständig von der Schriftstellerei leben sollte.
An Ausbildung folgt nach dem Abitur dann erst mal Studium: Germanistik, Romanistik und Philosophie in Freiburg. Seine eigenen Lyrikbände werden tatsächlich schon während seines Studiums an der Uni behandelt, weshalb er aus diesen Seminaren dann ganz schnell flüchtet, erzählt er. Es war ihm anfangs ein Rätsel, was andere aus seinen Gedichten so alles herauslasen. Dann kam, was kommen musste: Studium abgebrochen. Nicht beendet. Ins kalte Wasser gesprungen. Arbeit als freier Autor.
Heute sind seine Bücher sind in 30 Sprachen übersetzt, trotzdem könne er vom Publizieren allein nicht leben, sondern Geld in die Haushaltskasse brächten vor allem die weltweiten Lesungen und Veranstaltungen. Bis abends spät vor dieser Lesung in Türkismühle zum Beispiel sei er in Verhandlungen mit der Regierung wegen seines Literaturfestivals im Schwarzwald gewesen, das anfing mit wenigen Autoren und 5.000 DM Zuschuss. Heute treffen sich 70 Lyriker beim „Hausacher Leselenz“ und Oliver managed ein Gesamtvolumen von 150.000 €. Hinzu kommen Schreibwerkstätten, von ihm geschriebene Lehrbücher wie „lyrisches Schreiben im Unterricht“, Preise und Stipendien, Gastprofessuren…. Ein freier Autor brauche eben viele Standbeine, unterstreicht er.
Über zehn Jahre arbeitete er mit Straßenkindern in Lima,Peru, war Stadtschreiber in Kairo, lebte jetzt gerade ein halbes Jahr in Istanbul. „Ich bin die Stadt, bin Augen und Ohren der Stadt….“ beschreibt er bildhaft seine Eindrücke von Istanbul und Bosporus.
Überhaupt prägten ihn die vielen Studienaufenthalte in Istanbul, Lima oder Mexiko, wo ihn fasziniert, wie solche Megastädte überhaupt funktionieren. Hat ein Schriftsteller ein Stipendium zuerkannt bekommen, erhält er eine mietfreie Wohnung, bekommt ein monatliches Gehalt und kann sich mal ein halbes Jahr nur ums Schreiben kümmern.
An Ausbildung folgt nach dem Abitur dann erst mal Studium: Germanistik, Romanistik und Philosophie in Freiburg. Seine eigenen Lyrikbände werden tatsächlich schon während seines Studiums an der Uni behandelt, weshalb er aus diesen Seminaren dann ganz schnell flüchtet, erzählt er. Es war ihm anfangs ein Rätsel, was andere aus seinen Gedichten so alles herauslasen. Dann kam, was kommen musste: Studium abgebrochen. Nicht beendet. Ins kalte Wasser gesprungen. Arbeit als freier Autor.
Heute sind seine Bücher sind in 30 Sprachen übersetzt, trotzdem könne er vom Publizieren allein nicht leben, sondern Geld in die Haushaltskasse brächten vor allem die weltweiten Lesungen und Veranstaltungen. Bis abends spät vor dieser Lesung in Türkismühle zum Beispiel sei er in Verhandlungen mit der Regierung wegen seines Literaturfestivals im Schwarzwald gewesen, das anfing mit wenigen Autoren und 5.000 DM Zuschuss. Heute treffen sich 70 Lyriker beim „Hausacher Leselenz“ und Oliver managed ein Gesamtvolumen von 150.000 €. Hinzu kommen Schreibwerkstätten, von ihm geschriebene Lehrbücher wie „lyrisches Schreiben im Unterricht“, Preise und Stipendien, Gastprofessuren…. Ein freier Autor brauche eben viele Standbeine, unterstreicht er.
Über zehn Jahre arbeitete er mit Straßenkindern in Lima,Peru, war Stadtschreiber in Kairo, lebte jetzt gerade ein halbes Jahr in Istanbul. „Ich bin die Stadt, bin Augen und Ohren der Stadt….“ beschreibt er bildhaft seine Eindrücke von Istanbul und Bosporus.
Überhaupt prägten ihn die vielen Studienaufenthalte in Istanbul, Lima oder Mexiko, wo ihn fasziniert, wie solche Megastädte überhaupt funktionieren. Hat ein Schriftsteller ein Stipendium zuerkannt bekommen, erhält er eine mietfreie Wohnung, bekommt ein monatliches Gehalt und kann sich mal ein halbes Jahr nur ums Schreiben kümmern.
Zu seinem Tagesablauf befragt, erzählt er von 2-3 Stunden, die er täglich lesen müsse, sonst fühle er sich nicht gut. Aber Lesen funktioniere bei ihm nur im Sitzen, um sich parallel dabei Notizen zu machen. Im Sessel oder im Bett würden ihm sofort die Augen zufallen. Denn er sei auch ein schrecklich langsamer Leser. Dafür kenne er aber auch keine Schreibblockaden oder Schreibkrisen. Nein, Schriftsteller zu sein sei für ihn eine Seinsform. Auch wenn er nicht schreibe oder schreiben wolle oder könne, sei er noch Schriftsteller.
Ragnar, der Wikinger auf Lesereise in der Gemeinschaftsschule Türkismühle
Ein spannender literarischer Morgen an der Gemeinschaftsschule Türkismühle: der Autor Ragnar Raimundson war samt Jugendbuch und geheimnisvollem Gepäck zu Gast.
„Ragnars Reise“ ist die Lebensgeschichte eines heranwachsenden Wikingerbauern im mittelalterlichen Schweden, geprägt vom Leben an Flüssen und dem Meer. Der Wikingerjunge ist fasziniert vom jungen Krieger Ingvar, der früh schwere Waffen tragen darf und dem Ich-Erzähler Kampftricks beibringt. Schnell steht der Entschluss fest: der Erzähler, Ragnar, will Krieger werden und geht in eine Ausbildung fern seiner Heimat.
Ab dann lebt er bei Ingvar und seiner Frau Edda, die ab sofort seine Pflegefamilie sind. Ingvar möchte die Welt erkunden und weitere Fahrten unternehmen als nur an der Küste vorbei. Dazu entwirft er ein Boot mit großem Segel, mit dem man nun auch das weite Meer befahren kann.
Erste Station wird das Kloster Lindisfarn, wo man Mitgebrachtes, Speckstein, Glasperlen usw. gegen das Silber der Mönche tauscht. Und Ragnar selbst trifft die schöne Bitia, die als Kind bei den Mönchen aufgenommen wurde…
„Ragnars Reise“ bildet das Jugendbuch zum historischen Wikingerroman von Ragnar Raimundson.
Die Geschichte des Hauptromans ist hier auf kindgerechtes Maß reduziert und umgeschrieben, so dass die Schülerinnen und Schüler der Sechserklassen in Türkismühle großen Spaß während der anregenden Lesung hatten und jede Menge Wissenswertes über das herausfordernde Leben der Wikinger lernen konnten. Das Hineinschlüpfen in die Kleider Ragnars und das spielerische Ausprobieren der schweren Waffen, des Ringpanzers und des Helms waren natürlich das schulische Sahnehäubchen für die Jungs an diesem spannenden Morgen.
Ein Leben mit Bären und Diskriminierung - Vorträge des Alaska-Auswanderers Axel Burgheim an der Gemeinschaftsschule Nohfelden-Türkismühle
An was denken Sie, wenn Sie „Alaska“ hören? An einen US-Bundesstaat im hohen Nordwesten? An extreme klimatische Bedingungen? An Erdölreichtum? Und eine unberührte Natur? Wahrscheinlich. – Und da liegen Sie richtig. Aber denken Sie bei „Alaska“ auch an politische, soziale und kulturelle Spannungen? An Wilderei und Ausbeutung? An Diskriminierung, Chancenungleichheit und Ausgrenzung? Wahrscheinlich nicht.
Am 20.03.2018 gestaltete die GemS Nohfelden-Türkismühle ihren alljährlichen „Toleranz-Tag“, an dem die Schülerinnen und Schüler sich – fernab des herkömmlichen Unterrichtsgeschehenes nach Fächern und Stundenplänen – mit den Themen Toleranz, Diskriminierung und Fremdverstehen auseinandersetzen. Im Rahmen dieses Projekttages lud die Schule Axel Burgheim ein.
Der gebürtige Hamburger Burgheim verließ seine Heimat nach Jahren des Einsatzes gegen Umweltzerstörung und Aufrüstung in den 1980er Jahren in Richtung Kanada. Er reiste dann viele Jahre lang weltweit in der Wildnis, bis er schließlich in Alaska sesshaft wurde, wo er seit nunmehr über zwei Jahrzehnten lebt. Einem weiteren Publikum ist er vor allem durch seine Vorträge über die einzigartige Wildnis Alaskas und Kanadas bekannt.
Ausgerüstet mit Karten, eindrucksvollen Fotografien, seltenen Exponaten und vielen humorvollen und spannenden Anekdoten berichtete Axel Burgheim in zwei interessanten Vorträgen (für die Klassenstufen 6 und 11) von der einzigartigen Natur- und Pflanzenwelt seiner Wahlheimat Alaska, eines Bundesstaates, der – fünf Mal so groß wie die Bundesrepublik – nur von etwa 800.000 Menschen bevölkert ist.
Spannend und anschaulich beschrieb Burgheim die Topografie und Bevölkerungsgeschichte Alaskas sowie die Schönheit ihrer wilden Natur. Zur Schilderung seiner Begegnungen mit Bären, Elchen und anderen wilden Tieren griff er immer wieder auf beeindruckende Fotografien zurück, die er aus nächster Nähe selbst erstellt hat. In seinem Vortrag wurden die Eigenschaften verschiedenen Bärenarten genauso thematisiert wie die unsinnige Legende von Bigfoot und die brisante Herkunft der Bezeichnung „Teddybär“.
Das mucksmäuschenstille, weil faszinierte Publikum hatte so einmal die Möglichkeit, in eine ganz andere Lebenswelt abzutauchen. Nicht zuletzt die vielen Fragen der neugierigen Schüler zeigten, wie sehr es Burgheim gelang, die Kinder für sein Thema einzunehmen. Sein Appell, der Tier- und Pflanzenwelt genauso wie anderen Kulturen und ihren Menschen respektvoll und verantwortungsbewusst zu begegnen, stieß daher auf offene Ohren.
Burgheim sprach aber nicht nur über die Natur, sondern auch über die Menschen und die Gesellschaft in diesem riesigen Bundesstaat. Dabei stand vor allem die Situation der indigenen Bevölkerung im Vordergrund, denn das schwierige Leben der Ureinwohner dort ist nicht selten durch Ausgrenzung, Diskriminierung, Alkoholprobleme und Gewalt gekennzeichnet. Dies, so Burgheim, sei auch Teil des Vermächtnisses der Europäer gegenüber fremden Kulturen.
Burgheim konnte hier mit Informationen aus erster Hand aufwarten, da er durch seine Frau Vamori und deren Mutter Agnes, die dem Stamm der Yupik angehören, mit den alltäglichen Problemen der Ureinwohner dort bestens vertraut ist. So gelang es, die Frage nach den Ursachen von Ausgrenzung, nach Formen der sozialen Stigmatisierung sowie deren Folgen glaubhaft, anschaulich und kindgerecht zu vermitteln.
Die Schülerinnen und Schüler erkannten schnell, dass sich diese grundlegenden Fragen nach dem Zusammenleben von Menschen auch in unserer Gesellschaft stellen. Und so regten sich dann unter aller Begeisterung für die atemberaubende Natur Alaskas auch Betroffenheit und Nachdenken im Publikum.
Großen Spaß bereitete es den Schülerinnen und Schülern am Ende des Vortrages, den kulturellen Eigenheiten der Ureinwohner Nordamerikas nachzuspüren, etwa als sie zusammen mit dem Referenten und ihren Lehrern verschiedene Disziplinen der sogenannten Eskimo-Olympiade, den „Alaskan Native Games”, vor dem Publikum ausprobieren konnten - ein beeindruckendes Fest der indigenen „First Nation Culture”, das vor nicht langer Zeit noch verboten und verpönt war. Dieses Kennenlernen des Fremden bildete einen wirklich gelungenen Abschluss, der die teilweise sehr ernsten Themen für die Kinder spielerisch abrundete.
Wir, Lehrer und Schüler der Gemeinschaftsschule Nohfelden-Türkismühle, bedanken uns ganz herzlich bei Herrn Burgheim für einen spannenden, informativen, lustigen und authentischen Vortrag, der neben viel Begeisterung auch Fragen hervorgerufen hat, die z.T. jetzt noch im Raum stehen. Denn das Ferne liegt manchmal doch recht nah.